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Wie ich die Verantwortung für meine Work-Life-Balance übernommen habe
Vor einigen Jahren hatte ich selbst das Problem, ein sehr gut gefülltes Überstundenkonto zu haben. Gleichzeitig wollte ich gerne pünktlich Feierabend machen. Damals war ich jedoch überzeugt davon, dass die Rahmenbedingungen es nicht zuließen. In dem Projekt, in dem ich arbeitete, machten alle viele Überstunden und ich dachte, der Chef fordere das sogar. Schließlich wurden diejenigen besonders geschätzt, die die meisten Überstunden machten.
Manchmal war es sogar so, dass Kollegen nach 10 Stunden Arbeit ausgestempelt haben, dann an ihren Arbeitsplatz zurückkehrten und weiterarbeiteten. Ich habe dieses Muster sehr lange mitgemacht – bis ich gesundheitliche Probleme bekam. Irgendwann führte ich ein Gespräch mit meinem Chef, weil ich hoffte, er würde mir helfen, Überstunden abzubauen und endlich pünktlich Feierabend machen zu können. Doch er machte mir klar, dass ich selbst die Verantwortung dafür übernehmen müsse, wie ich mit meiner Arbeitszeit umgehe.
Das war ein prägendes Erlebnis für mich. Anfangs fühlte ich mich verloren und alleingelassen, doch irgendwann begriff ich, dass ich aus der Opferrolle herauskommen und ins Handeln kommen musste. Heute weiß ich: An meiner Situation war niemand anderes schuld als ich selbst. Die Rahmenbedingungen mögen Überstunden fördern, aber letztendlich bin ich selbst dafür verantwortlich, wie ich meine Work-Life-Balance gestalte und ob ich es schaffe, Überstunden zu vermeiden.
Warum deine Überzeugungen über deine Arbeit deinen Feierabend bestimmen
Ein Schlüssel dafür, pünktlich Feierabend zu machen, war, meine Glaubenssätze zu hinterfragen: Was denke ich über Arbeit? Was bedeutet Feierabend für mich?
In meiner Arbeit mit Coachees habe ich festgestellt, dass es selten hilft, direkt an einem Aktionsplan zu arbeiten. Stattdessen ist es wichtig, zunächst die inneren Überzeugungen zu reflektieren, die unser Verhalten prägen.
Dazu bitte ich dich, einfach mal in Gedanken folgende Satzanfänge zu vervollständigen. Es geht immer ums Thema Feierabendmachen bzw. Arbeiten:
- „Ich muss …“
- „Ich darf nicht …“
- „Überstunden bedeuten für mich …“
- „Feierabend bedeutet für mich …“
Diese Reflexion ist entscheidend, weil deine Einstellung darüber bestimmt, ob du in der Lage bist, konsequent Überstunden zu vermeiden und dich klar für einen pünktlichen Feierabend zu entscheiden.
Am besten schreibst du dir die Satzanfänge auf ein A4-Papier und überlegst, wie dein Satz zu Ende geht. Du kannst gerne mehrere Sätze vervollständigen, wenn dir mehrere Dinge einfallen. Ich mache dir zum Anfang ein Beispiel: „Ich muss meinem Chef gefallen“ oder „Ich muss alle Aufgaben auf meiner To-do-Liste heute noch erledigt bekommen.“
Jetzt mach dir selbst Gedanken: Was ist dein „Ich muss …“?
Der nächste Satzanfang lautet: „Ich darf nicht …“ Das könnte z. B. sein: „Ich darf nicht pünktlich Feierabend machen, weil alle meine Kollegen das auch nicht tun.“ Überlege auch hier, wie dein Satz zu Ende geht.
Ein weiterer Satzanfang, über den du dir gerne Gedanken machen darfst, lautet: „Überstunden bedeuten für mich …“ Das könnte z. B. sein: „Überstunden bedeuten für mich, dass ich sehr fleißig bin.“
Und der letzte Satzanfang, den ich dir mit auf den Weg geben möchte, lautet: „Feierabend bedeutet für mich …“ Ein Beispiel dafür könnte sein: „Feierabend bedeutet für mich, mit den Kindern Hausaufgaben machen zu müssen“ oder „Feierabend bedeutet für mich, eine schöne Zeit mit meinem Partner zu haben.“
An diesem Beispiel kannst du sehr schön erkennen: Je nachdem, wo dein Glaubenssatz hinführt – eher ins Negative oder ins Positive –, ist natürlich der Motivator ein ganz anderer, diesen Feierabend wirklich durchzuziehen, obwohl noch Arbeit da ist. Und deswegen ist es mir so wichtig, dass du dir ausreichend Gedanken machst, wo „der Hund begraben liegt“, also wo dein Problem ist und warum du es eben nicht schaffst, pünktlich Feierabend zu machen.
P.S. Weitere Tipps, um limitierende Glaubenssätze zu identifizieren und aufzulösen findest du im Artikel Negative und limitierende Glaubenssätze effektiv auflösen.
Praktische Tipps für einen pünktlichen Feierabend
Lass uns jetzt zu den Tipps kommen. Ich habe mir damals erst mal Gedanken darüber gemacht, wann und um welche Uhrzeit für mich die perfekte Feierabendzeit wäre. Dann habe ich angefangen, Ideen zu sammeln, wie ich diesen Feierabend auch wirklich umsetzen kann. So gehe ich heute auch mit meinen Coachees zu diesem Thema vor. Die Ideen, die dabei entstehen, sind natürlich sehr persönlich und lassen sich nicht immer eins zu eins übertragen. Dennoch möchte ich dir ein paar Ideen mit auf den Weg geben, die sich bei mir und auch schon bei mehreren meiner Coachees bewährt haben. Diese Tipps kannst du für dich ganz persönlich anpassen und erweitern.
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Termine in den Feierabend legen
Mir persönlich hat es vor allem in der Anfangszeit extrem geholfen, mir Termine für den Abend zu setzen. Zum Beispiel Sportkurse oder Verabredungen mit Freunden. Ich habe eine ganz konkrete Uhrzeit ausgemacht, zu der ich an einem bestimmten Ort sein musste. Das hat mir sehr geholfen, weil es durchaus vorkam, dass ein Kollege gesagt hat: „Wie, du gehst heute schon?“ Dann konnte ich sagen: „Ja, ich muss jetzt los, ich habe nämlich noch einen Termin.“
Besonders hilfreich war es zudem, Regeltermine einzuführen. Du könntest zum Beispiel jeden Montag mit deinen Freunden oder deinem Partner essen gehen. Da Essen gehen nicht so meins ist, habe ich Regeltermine zum Sport vereinbart, also zum Beispiel immer montags und mittwochs. So musste ich zu einer bestimmten Uhrzeit nach Hause.
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Flexibilität einbauen
Es muss nicht immer dieselbe Feierabendzeit sein. Ich habe Tage festgelegt, an denen ich länger arbeite und andere, an denen ich früher gehe. Dadurch konnte ich meine Aufgaben flexibler organisieren und trotzdem Überstunden vermeiden.
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Die letzte Stunde blocken
Ich habe die letzte Stunde vor dem Feierabend als „geschützte Zeit“ geblockt. Diese Stunde war für mich reserviert, um offene Aufgaben zu erledigen und den Arbeitstag gedanklich abzuschließen. In dieser Stunde habe ich mir auch keine weiteren Termine legen lassen. Wenn Kollegen nachgefragt oder ein Meeting angesetzt haben, habe ich das abgelehnt. Wenn Meetings eingestellt wurden, bin ich einfach nicht hingegangen. Ich muss zugeben, anfangs fiel es mir schwer, das durchzuhalten, weil natürlich nicht nur positives Feedback dazu kam. Aber es lohnt sich, dran zu bleiben.
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Ehrliche Kommunikation mit Kollegen
Wenn Kollegen überrascht waren, dass ich pünktlich ging, erklärte ich meine Gründe offen: „Ich möchte meine Aufgaben abschließen, ohne sie mit in den Feierabend zu nehmen.“ Diese Ehrlichkeit führte sogar dazu, dass andere meinem Beispiel folgten.
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Meetings reduzieren
Heute halte ich nicht nur die letzte Stunde des Tages, sondern auch die erste Stunde morgens frei von Meetings. Diese Zeit nutze ich, um mich zu organisieren und meine Aufgaben für den Tag zu planen oder um Dinge vorzubereiten, bevor ich in die Meetings gehe.
Zusammenfassung
Es war ein langer Weg, aber ich habe gelernt, wie wichtig es ist, die eigenen Glaubenssätze zu hinterfragen und aktiv an der Gestaltung der eigenen Work-Life-Balance zu arbeiten. Überstunden abbauen und Überstunden vermeiden sind keine leeren Versprechen, sondern erreichbare Ziele – wenn du bereit bist, Verantwortung zu übernehmen und konsequent an dir zu arbeiten.
Ich hoffe, dass dir meine Erfahrungen und Tipps weiterhelfen. Denke daran: Du bist der Meister deines Lebens. Ich wünsche dir viel Erfolg auf deinem Weg zu einem pünktlichen Feierabend und mehr Zeit für dich selbst!
Deine