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Was sind Glaubenssätze?
Glaubenssätze sind Überzeugungen und Denkmuster, die du ganz persönlich wahrnimmst – weil es eben um subjektive Wahrnehmungen geht. Ein Glaubenssatz ist nicht objektiv. Wenn du zum Beispiel glaubst, du darfst nicht Feierabend machen, solange es noch Arbeit gibt, dann ist das für dich zwar wahr in deiner subjektiven Realität, objektiv betrachtet muss es aber nicht zutreffen. Wenn du dir Kollegen oder andere anschaust, wirst du wahrscheinlich feststellen, dass es durchaus Leute gibt, die Feierabend machen, obwohl es noch Arbeit gibt.
Wie entstehen Glaubenssätze?
Glaubenssätze entstehen meist über einen sehr langen Zeitraum. Unser Gehirn denkt ja ständig. Wir haben täglich mehrere Millionen Gedanken. Viele davon wiederholen sich, wodurch sich Denkmuster bilden, die unser Gehirn dann als „wahr“ interpretiert. Glaubenssätze beeinflussen auch unsere Gefühle, was sowohl gut als auch schlecht sein kann. Gut bei positiven Glaubenssätzen, wie z. B. „Ich kann gut präsentieren“, und hinderlich bei limitierenden, negativen Glaubenssätzen, die uns im Weg stehen. Heute wollen wir besonders auf limitierende Glaubenssätze schauen, und ich zeige dir, wie du negative Glaubenssätze auflösen kannst.
Glaubenssätze beeinflussen unsere Gefühle
Zuvor jedoch ein Beispiel, wie Glaubenssätze unsere Gefühle bestimmen: Stell dir vor, du hast ein neues Projekt und sollst agile Arbeitsmethoden etablieren. In deinem ersten Kundengespräch passiert Folgendes: Der Kunde sagt zu dir, „Was für ein Blödsinn! Ich glaube sowieso nicht, dass diese Methoden funktionieren. Wir haben immer anders gearbeitet, und ich möchte diese agile Arbeitsweise gar nicht ausprobieren.“
Vielleicht bist du jetzt wie vor den Kopf gestoßen und bewertest die Situation für dich so, dass du denkst: „Der Kunde mag mich nicht und ist sehr schwierig zu überzeugen.“ Du gehst aus diesem Gespräch mit eher negativen Gefühlen hinaus. Wenn du nun im nächsten Meeting wieder auf diesen Kunden triffst, hast du wahrscheinlich ein eher mulmiges Gefühl im Bauch.
Aus der Prozessebene betrachtet sind genau drei Dinge passiert: Erstens gibt es eine Situation, zweitens bewertest du diese subjektiv und aufgrund dieser subjektiven Bewertung empfindest du drittens entweder positive oder negative Gefühle.
Triffst du kurze Zeit später auf einen neuen Kunden und es passiert wieder Ähnliches, dann bewertest du vielleicht auch diesen Kunden als schwierig und gehst erneut mit einem negativen, demotivierenden Gefühl aus dem Gespräch. Ein oder zwei ähnliche Situationen können dann ausreichen, damit du für dich einen limitierenden Glaubenssatz formulierst, wie z. B. „Neue Kunden sind schwierig und wollen meine agile Arbeitsweise nicht mittragen.“
Solche limitierenden Glaubenssätze beeinflussen nicht nur dein Denken, sondern auch dein Verhalten. Der wichtigste Schritt ist daher, sich über die eigenen negativen und limitierenden Glaubenssätze bewusst zu werden, um sie dann auflösen zu können.
Wie findest du deine limitierenden Glaubenssätze?
Vielleicht hast du nun schon eine vage Idee, in welche Richtung deine limitierenden Glaubenssätze gehen könnten. Im nächsten Schritt möchte ich dir eine Anleitung geben, wie du negative Glaubenssätze identifizieren kannst. Dafür brauchst du ein Blatt Papier – am besten in A4 – und einen Stift.
Um Glaubenssätze zu finden, gibt es zwei effektive Methoden:
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Satzanfänge vervollständigen:
Schreibe dir die Satzanfänge „Feierabend bedeutet für mich…“ und „Überstunden machen bedeutet für mich…“ auf dein A4-Papier und vervollständige sie spontan. Diese Satzanfänge kommen dir vielleicht schon bekannt vor, denn im Artikel Die 5 besten Strategien, Überstunden zu vermeiden und deine Work-Life-Balance zu verbessern habe ich dir mehrere solcher Satzanfänge gegeben. Deswegen werde ich hier nicht vertiefend auf diese Methode eingehen, sondern dir nachfolgend noch eine zweite Methode vorstellen.
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Fragestellungen nutzen:
Beantworte folgende Fragen: „Was muss ein Mensch denken oder glauben, um das Problem X zu haben?“ Also z. B.: „Was muss ein Mensch denken oder glauben, um das Problem zu haben, nicht pünktlich Feierabend machen zu können?“ oder „Was muss ein Mensch denken oder glauben, um mit einem mulmigen Gefühl in ein Erstgespräch mit einem neuen Kunden zu gehen?“ Schreibe alles auf, was dir dazu einfällt. Oft lohnt es sich, mit verschiedenen Formulierungen zu arbeiten, um zum Kern des Problems zu gelangen. Eine alternative Formulierung könnte lauten: „Was muss ein Mensch denken und glauben, um in Situation X das Gefühl Y zu haben?“ Ein Beispiel hierfür wäre: „Was muss ein Mensch denken und glauben, um, wenn er pünktlich Feierabend macht, Schuldgefühle zu haben?“
Die Beispiele sollen dir als Anregung dienen. Lese dir gegebenenfalls auch noch einmal den Artikel Die 5 besten Strategien, Überstunden zu vermeiden und deine Work-Life-Balance zu verbessern durch und notiere alle Satzanfänge, die ich dir dort mitgegeben habe. So erhältst du am Ende eine Sammlung an Gedanken, möglichen Glaubenssätzen und wahrscheinlich auch schon ein erstes Bauchgefühl, wo der Kern des Problems liegt.
Wie konkretisierst du deine negativen Glaubenssätze?
Im nächsten Schritt benötigst du ein neues Blatt, das du in zwei Spalten unterteilst. Links notierst du zwei bis drei Sätze, die du identifiziert hast und die deiner Einschätzung nach den Kern des Problems treffen. In die rechte Spalte schreibst du dann systematisch Begründungen zu diesen Sätzen. Hierbei ist es wichtig, dass du alles notierst, was dir in den Sinn kommt. Je mehr, desto besser. Oft ist es hilfreich, die Begründungen immer wieder zu hinterfragen und zu vertiefen, bis du das eigentliche Problem erfasst hast.
Am Ende dieser Übung solltest du eine Reihe von Begründungen notiert haben. Im letzten Schritt liest du alle Begründungen noch einmal durch und fühlst in dich hinein, welche zwei bis drei Sätze die stärkste Wirkung auf dich haben. Markiere diese Sätze entweder mit einem Buntstift oder notiere sie auf einem separaten Blatt.
Wie löst du negative und limitierende Glaubenssätze auf?
Ich hoffe, du hast dir die Plätze 1 bis 3 der Glaubenssätze markiert, von denen du sagst: „Ja, die limitieren mich am meisten, die wirken irgendwie total stark.“ Genau diese Glaubenssätze wollen wir jetzt als Ausgangslage für den weiteren Leitfaden hernehmen. Mit dieser Schritt-für-Schritt Anleitung möchte ich dir zeigen, wie du deine negativen und limitierenden Glaubenssätze auflösen kannst.
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Werde dir deinen negativen Glaubenssätzen bewusst:
Der erste Schritt ist bereits getan, denn er besteht darin, den limitierenden Glaubenssatz ins Bewusstsein zu holen – also aus dem Unterbewusstsein, wo er Macht über dich hat, herauszuholen. Es geht darum, dir bewusst zu machen: „Ja, das ist jetzt meine subjektive Einstellung, meine subjektive Bewertung von etwas. Das ist nichts Objektives.“ Genau deswegen kannst du diesen Glaubenssatz auch wieder loslassen oder in einen positiven bzw. neutralen Glaubenssatz umwandeln.
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Hinterfrage deine limitierenden Glaubenssätze:
Im zweiten Schritt wollen wir den limitierenden Glaubenssatz hinterfragen – oder, wie ich es auch gerne nenne, „anfechten“. Ich erkläre dir das anhand der beiden Beispiele, die ich zu Beginn dieses Artikels vorgestellt habe. Eines der Beispiele war das „nicht Feierabend machen können“. Ich habe daraus einen limitierenden Glaubenssatz formuliert: „Ich kann nicht Feierabend machen, weil ich sonst vor meinem Chef und meinen Kollegen schlecht dastehe.“ Natürlich ist das nur ein Beispiel – deine Glaubenssätze können ganz anders aussehen. Doch dieses Beispiel dient dazu, dir die einzelnen Schritte zu erklären. Ich stelle ich dir nun einige Fragen und du kannst deine Gedanken und Antworten dazu notieren:
Stimmt das wirklich? Kann ich das wirklich wissen?
In unserem Beispiel: Stimmt es wirklich, dass du vor deinem Chef schlecht dastehst, wenn du pünktlich Feierabend machst? Hat dein Chef jemals eine Bemerkung gemacht, wenn du früher gegangen bist? Oder existiert dieses Szenario nur in deinem Kopf? Gibt es Beweise für deinen Glaubenssatz? Wer hat dir eigentlich gesagt, dass du nicht pünktlich Feierabend machen darfst? Woher stammt diese Idee?
Welche Argumente sprechen gegen den Glaubenssatz?
Finde gezielt Gegenargumente. Zum Beispiel könntest du feststellen, dass die Idee, länger zu bleiben, nur von dir selbst kommt, weil du wahrnimmst, dass dein Chef länger arbeitet. Vielleicht hat er einmal beiläufig erwähnt, dass er fleißige Mitarbeiter schätzt, und du hast das als Erwartung interpretiert. Wenn du diese Gedanken überprüfst, merkst du vielleicht, dass dein Glaubenssatz objektiv gar nicht haltbar ist.
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Überlege, wie du aktiv werden kannst, um den Glaubenssatz aufzulösen:
Im Beispiel mit dem Feierabend machen könnte das bedeuten, dass du das Gespräch mit deinem Chef suchst, um nachzufragen, ob er Überstunden erwartet. Oder du formulierst es anders: „Wie kommt es bei Ihnen an, wenn ich pünktlich Feierabend mache?“
Ein weiteres Beispiel aus der Praxis
Ein möglicher limitierender Glaubenssatz aus dem Beispiel mit der Einführung einer agilen, nutzerzentrierten Arbeitsweise könnte lauten: „Kunden, die meine Arbeitsweise nicht sofort mitmachen, sind schwierig.“ Auch diesen Glaubenssatz kannst du hinterfragen:
Stimmt das wirklich? Warum ist das so?
Vielleicht hat der Kunde einfach nicht verstanden, worum es geht, oder seine Prioritäten liegen gerade woanders. Gibt es objektive Beweise, dass der Kunde schwierig ist, oder ist das nur ein subjektives Gefühl?
Welche Argumente sprechen dagegen?
Vielleicht weißt du von einem Kollegen, der gut mit diesem Kunden zusammenarbeitet. Das zeigt, dass die Herausforderung nicht am Kunden selbst liegt, sondern vielleicht an der Art und Weise, wie du ihn bisher angesprochen hast.
Was kannst du konkret tun, um den Glaubenssatz aufzulösen?
Ein Ansatz wäre, noch einmal das Gespräch zu suchen und die gegenseitigen Erwartungen zu klären. Oder du versuchst, die Zusammenarbeit neu zu strukturieren, um mehr Klarheit zu schaffen.
Diese beiden Beispiele zeigen dir, wie du negative Glaubenssätze auflösen kannst. Wichtig ist, dass du immer wieder hinterfragst, was wirklich wahr ist und was nur eine subjektive Interpretation darstellt.
Ich wünsche dir viel Erfolg dabei, deine limitierenden Glaubenssätze zu identifizieren und aufzulösen!
Deine